2. August 1906 - 16. November 1946
Diese Seite informiert über das Leben von Pfarrer Josef Marxen:
Er ließ sich 1936 als Missionar nach Albanien senden.
Dort blieb er auch, als nach dem zweiten Weltkrieg unter den Kommunisten eine systematische Verfolgung aller Kleriker begann.
1945 wurde er infolge seiner seelsorgerischen Tätigkeit festgenommen, 1946 ermordet.
Die Albanische Bischofskonferenz hat für insgesamt 40 Märtyrer, darunter Pfarrer Marxen, ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.
02.08.06 Geburt in Worringen und Taufe auf den Namen Anton Josef
1909 Umzug der Familie nach Grevenbroich, wo der Vater den Vronoverhof verwaltet
01.10.1910 Umzug der Familie nach Bermeshausen bei Speicher (Eifel)
Okt. 1913 Umzug der Familie nach Zemmer (Bistum Trier) auf den Schönfelder Hof
1919 Schüler am Gymnasium in Lorch; Firmung
26.09.1921 Schüler in St. Wendel, Saarland
1928 Abitur
12.05.1928 Beginn des Noviziats bei den Steyler Missionaren in St. Augustin
ab 1931 Studium an der Hochschule St. Gabriel in Mödling bei Wien
ca. 1935 Verlassen der Steyler Missionare
08.03.1936 Diakonatsweihe in München durch Kardinal Faulhaber
21.06.1936 Priesterweihe in München durch Weihbischof Franz Xaver Eberle
05.07.1936 Heimatprimiz in Breyell, Bistum Aachen
Aug. 1936 Abreise nach Albanien über Rom und Bari
05.09.1936 Ankunft in Durres, Albanien, Weiterreise nach Delbnisht
11.10.36 Übersiedlung nach Kthelle in der Mirdite-Region
ab 1937 Pfarrer in Perlat, Mirdite-Region
ab 1942 Pfarrer in Jube nahe Durres
03.02.1945 erste Verhaftung in Durres, Haft in Tirana
27.04.1945 Brief der Dorfältesten, mit dem sie Marxens Freilassung erwirken
Juni 1945 zweite Verhaftung, Haft in Tirana, Verurteilung zu zwei Jahren Haft
16.11.1946 Erschießung zusammen mit zwei anderen Häftlingen in einem Wald nahe Tirana
Ende 1947 Nachricht von Marxens Tod an die Familie in Deutschland
Die Eltern, Nikolaus und Maria, geb. Hahnen, hatten am 24.06.01 geheiratet. Josef war das vierte von neun Kindern:
Max, Karl, Theodor, Josef, Maria, Alois, Adolf, Elisabeth und Alfons.
Maria geb. Hahnen stammte aus Hinsbeck, wo ihre Eltern eine Gaststätte hatten. Ihr Bruder Wilhelm war Priester in Herongen und hatte viel Kontakt zu den Steyler Missionaren.
Nikolaus Marxen, aus Görgenmühle bei Butzweiler stammend, war Gutsverwalter.
Nachdem Josef 1921 zum Schulbesuch das Elternhaus verlassen hatte, zog die Familie
noch dreimal um: 1922 nach Münstereifel (Gut Vogelsang), 1926 nach Nettersheim und
schließlich 1928 auf den eigenen Gutshof nach Lötsch bei Breyell.
Dort starb Nikolaus Marxen am 10.03.1934, Maria starb am 01.09.61 in Breyell.
Josef: Vierter von rechts
Ohne Sprachkenntnisse, aber mit gutem medizinischen Wissen ausgerüstet, ließ sich Josef Marxen 1936 nach Albanien senden, wo damals wie heute hauptsächlich Moslems, einige orthodoxe Christen und nur zehn Prozent Katholiken lebten.
Während der kommunistischen Diktatur (1944-1991) war jegliche Religionsausübung verboten und konnte mit dem Tod bestraft werden. Trotzdem entschieden sich viele Priester bewusst dafür, im Land zu bleiben. Fast alle von ihnen wurden in den Gefängnissen und Arbeitslagern brutal zu Tode gefoltert. Für 40 dieser Glaubenszeugen, darunter Josef Marxen, führt die Albanische Bischofskonferenz ein Seligsprechungsverfahren durch.
Wie hat Marxen in Albanien gewirkt? Die Spur führt zu den Menschen in Perlat, seiner früheren Pfarrei:
Perlat ist ein abgelegenes, sehr armes Bergdorf. Die Einwohner sind seit je her katholisch. Neben der kleinen Kirche steht das alte Pfarrhaus, das Josef Marxen vor seinem Einzug mit eigenen Händen renoviert hat. Schmunzelnd erzählen die Alten, wie wichtig es ihm war, Kirche und Haus „tjeper paste“, „ziemlich sauber“, zu halten. Die Kirche war während des Kommunismus als Grundschule, später als Schweinestall genutzt worden. Heute ist sie eine halbverfallene Ruine voller Müll.
Der 75jährige Mann, der die Kirche zeigt, war ein Kleinkind, als Josef Marxen nach Perlat kam. Trotzdem erinnert er sich: Wenn „Dom Zef“, wie der deutsche Missionar genannt wurde, gepredigt hat, war es ganz still. Nach der Messe lud er die Gemeinde in sein Haus ein und einmal schenkte er den Kindern sogar einen Ball. Die Augen des Mannes leuchten: „Da konnten wir endlich Fußball spielen!“
Frog Mark Hasanij ist 96 Jahre alt und kann nicht mehr aufstehen. Sein Zimmer wird von einer flackernden Glühbirne beleuchtet. Alle Familienmitglieder stehen ehrfürchtig um sein Bett herum, als er von Josef Marxen erzählt: „Er konnte sogar die Blutnahme beenden!“ Die Blutnahme ist im Kanun, dem „Gesetz der Berge“, verankert. Sie besagt, dass für einen verletzten oder getöteten Mann ein Mann aus der Täterfamilie erschossen werden muss. Der Ablauf des Erschießens ist genauso festgeschrieben wie die Möglichkeit, eine „besa“, Versöhnung, auszuhandeln. Um eine besa zu erwirken, bedarf es vieler Männer beider Familien – oder eines einzigen Priesters, dem alle Beteiligten vertrauen. Nur wenigen Priestern wird die Aufgabe, eine besa auszuhandeln, übertragen, die meisten Blutfehden können nicht beigelegt werden.
Dom Zef besuchte die weit auseinander liegenden Häuser zu Fuß, an Ostern, am „Häuserfest“ im Juli und natürlich auch, wenn er einem Sterbenden beistehen sollte. Eine Regel in Perlat besagt, dass ein Mensch, der nach der „letzten Ölung“ wieder gesund wird, nie mehr das Haus ohne Schuhe verlassen darf: Seine Füße sind durch die Ölung schon für den Weg zum Himmel bestimmt und sollen die Erde nicht mehr berühren.
Die Menschen berichten von einem zweijährigen Jungen, der am Hinterkopf eine große Eiterbeule bekam und hohes Fieber entwickelte. Die verzweifelte Familie brachte das Kind zum Pfarrhaus, denn die medizinischen Kenntnisse des Missionars hatten sich schnell herum gesprochen. Alle, auch Josef Marxen, befürchteten, der Junge werde sterben. Ein halbes Jahr lang schälte Dom Zef täglich die Wunde aus und verband sie. Der heute 72-Jährige hat ein tiefes, walnugroßes Loch im Hinterkopf.
In einem Dorf nahe der Hafenstadt Durrës war Marxens zweite Pfarrei. Hier hatten die Besatzungsmächte leichteren Zugang als im gebirgigen Perlat, so dass in den vergangenen Jahrhunderten ein Großteil der Bevölkerung moslemisch geworden war. Als Josef Marxen im Februar 1945 von den Kommunisten unter Enver Hoxha verhaftet wurde, schrieben die Ältesten der Moslems, Orthodoxen und Katholiken gemeinsam an den Gerichtshof in Durrës:
„Wir erklären, dass er für alle ein wertvoller Helfer war, ohne Ansehen der Religion. Er hat uns mit allen seinen Kräften geholfen, viele Personen vor der Erschießung zu retten, und durch seine Vermittlung hat er Plünderungen, Brandsetzungen und andere Schäden gestoppt.“
Tatsächlich gelang es den Dorfältesten, ihren Dom Zef frei zu bitten. Doch nach wenigen Wochen wurde er erneut verhaftet und diesmal nach Tirana gebracht. Längst wusste er, dass die kommunistischen Machthaber Albanien zum „ersten atheistischen Land der Welt“ machen wollten und begonnen hatten, die Kirchen in Vergnügungsstätten umzuwandeln und die Priester zu ermorden.
Am 16. November 1946 wurde Josef Marxen abends aus dem Gefängnis geholt, in einen Wald nahe Tirana gebracht und dort zusammen mit zwei anderen Männern erschossen. Als er aus seiner Zelle abgeführt wurde, sagte er zu seinem Mithäftling: „Ich bin glücklich. Ich werde nun sterben und man wird sich in Albanien daran erinnern, dass ich ein Zeuge für Christus war.“
In Albanien wurden während des Kommunismus fast alle katholischen Kleriker gefoltert und ermordet. Viele, so auch Josef Marxen, hätten die Möglichkeit gehabt, im Ausland der Verfolgung zu entkommen. Die albanische Bischofskonferenz hat im November 2002 ein Seligsprechungsverfahren für 40 Märtyrer, darunter Pfarrer Marxen, eingeleitet. Im April 2016 hat Papst Franziskus den Tod von 38 dieser Glaubenszeugen als Martyrium anerkannt. Am 5. November 2016 soll Angelo Kardinal Amato in Shkoder ein päpstliches Dekret zur Seligsprechung der 38 Märtyrer, darunter Pfarrer Marxen, verlesen.
Detailliertere Informationen sind zu lesen in: Cäcilia Giebermann, Josef Marxen, Missionar in Albanien. Eine Spurensuche, Trier 2016.
Über meine Spurensuche in Albanien habe ich u.a. im Herbst 2010 berichtet, eine Aufzeichnung davon wird gelegentlich auf KTV gesendet: Zeugen für Christus. Der Missionar Josef Marxen.
Ein Lebensbild über Pfarrer Marxen findet sich in: Helmut Moll (Hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 6/2014, II, 1182-1186.
Auf wikipedia findet sich eine Seite über Josef Marxen. Eine weitere Seite über alle 38 Märtyrer, deren Seligsprechung in Albanien bevorsteht, ist angelegt.
Die Erzdiözese Shkoder berichtet über alle 40 Glaubenszeugen: http://www.kishakatolikeshkoder.com
Dr. Cäcilia Giebermann
Studium der Theologie in Hennef und Würzburg, Diplom 1994
Studium des kanonischen Rechtes in München und Münster, Lizentiat 1997
Studium der Medizin in Würzburg, Berlin und Bonn, Approbation 1999, Promotion 2005
Seit 1998 arbeite ich am Erzbischöflichen Offizialat in Köln.
Bei meinen Recherchen zu Pfarrer Josef Marxen verbinde ich berufliches und familiäres Interesse:
Er war der Bruder meiner Großmutter Elisabeth.
Mit meinem Mann und unseren fünf Kindern lebe ich im Oberbergischen.
Dr. Cäcilia Giebermann
Thaler Weg 69
51647 Gummersbach
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Juli 2016, Cäcilia Giebermann